Werbung für App zur "Krankschreibung per Fern-Diagnose" unzulässig
09.12.2021 | Wird für ärztliche Fern-Diagnosen und -Therapieempfehlungen geworben, liegt mangels persönlichen Kontaktes mit Arzt ein Verstoß gegen Wettbewerbsrecht vor
(BGH, Urteil vom 09.12.2021 - I ZR 146/20)
mehr
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 09.12.2021 (I ZR 146/20) entschieden, unter welchen Voraussetzungen für ärztliche Fernbehandlungen geworben werden darf.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte warb auf ihrer Internetseite mit der Aussage "Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App." für die von einer privaten Krankenversicherung angebotene Leistung eines "digitalen Arztbesuchs" mittels einer App bei in der Schweiz ansässigen Ärzten. Die Klägerin sieht in dieser Werbung einen Verstoß gegen das Verbot der Werbung für Fernbehandlungen nach § 9 HWG. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens ist § 9 HWG mit Wirkung zum 19. Dezember 2019 durch einen Satz 2 ergänzt worden. Danach gilt das nun in Satz 1 geregelte Werbeverbot für Fernbehandlungen nicht, wenn für die Behandlung nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die beanstandete Werbung gegen § 9 HWG in seiner alten und in seiner neuen Fassung verstößt. Da es sich bei dieser Vorschrift um eine - dem Gesundheitsschutz dienende - Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG handelt, ist die Beklagte nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zur Unterlassung der Werbung verpflichtet.
Die Beklagte hat unter Verstoß gegen § 9 HWG in seiner alten Fassung für die Erkennung und Behandlung von Krankheiten geworben, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen beruht. Eine eigene Wahrnehmung im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Arzt den Patienten nicht nur sehen und hören, sondern auch - etwa durch Abtasten, Abklopfen oder Abhören oder mit medizinisch-technischen Hilfsmitteln wie beispielsweise Ultraschall - untersuchen kann. Das erfordert die gleichzeitige physische Präsenz von Arzt und Patient und ist im Rahmen einer Videosprechstunde nicht möglich.
Nach § 9 Satz 2 HWG in seiner neuen Fassung ist das in Satz 1 geregelte Verbot zwar nicht auf die Werbung für Fernbehandlungen anzuwenden, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen. Zu diesen Kommunikationsmedien gehören auch Apps. Das gilt aber nur, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Mit den allgemein anerkannten fachlichen Standards sind - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht die Regelungen des für den behandelnden Arzt geltenden Berufsrechts gemeint. Es kommt daher nicht darauf an, ob die beworbene Fernbehandlung den Ärzten in der Schweiz schon seit Jahren erlaubt ist. Der Begriff der allgemein anerkannten fachlichen Standards ist vielmehr unter Rückgriff auf den entsprechenden Begriff in § 630a Abs. 2 BGB, der die Pflichten aus einem medizinischen Behandlungsvertrag regelt, und die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach können sich solche Standards auch erst im Laufe der Zeit entwickeln und etwa aus den Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften oder den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß §§ 92, 136 SGB V ergeben.
Die Beklagte hat für eine umfassende, nicht auf bestimmte Krankheiten oder Beschwerden beschränkte ärztliche Primärversorgung (Diagnose, Therapieempfehlung, Krankschreibung) im Wege der Fernbehandlung geworben. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass eine solche umfassende Fernbehandlung den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemeinen fachlichen Standards entspricht. Da die Beklagte dies auch nicht behauptet hatte und insoweit kein weiterer Sachvortrag zu erwarten war, konnte der Bundesgerichtshof abschließend entscheiden, dass die beanstandete Werbung unzulässig ist.
(PM Nr. 224/2021 v. 09.12.2021)
Geräusch als Hörmarke schutzfähig? Nur bei prägnanter Unterscheidungskraft
07.07.2021 | Audiodatei, die den Klang beim Öffnen einer Getränkedose wiedergibt, ist nicht eintragungsfähig – wesenseigene Merkmale fehlen
(EuG, Urteil vom 07.07.2021 – T-668/19)
mehr
Das Europäische Gericht hat mit Urteil vom 07.07.2021 (T-668/19 - Ardagh Metal Beverage Holdings / EUIPO) folgendes entschieden:
Eine Audiodatei, die den Klang enthält, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von Geräuschlosigkeit und einem Prickeln, kann nicht als Marke für verschiedene Getränke und Behälter aus Metall für Lagerung und Transport eingetragen werden, da sie nicht unterscheidungskräftig ist.
Die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG meldete beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ein Hörzeichen als Unionsmarke an. Dieses mittels Audiodatei dargestellte Zeichen erinnert an den Klang, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von etwa einer Sekunde ohne Geräusch und einem Prickeln von etwa neun Sekunden. Die Eintragung wurde für verschiedene Getränke und Behälter aus Metall für Lagerung und Transport beantragt. Das EUIPO wies diese Anmeldung zurück und begründete dies mit der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke.
In seinem heutigen Urteil weist das Gericht der Europäischen Union die Klage der Ardagh Metal Beverage Holdings ab und äußert sich erstmals zur Eintragug einer im Audioformat dargestellten Hörmarke. Es erläutert die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Hörmarken und die Wahrnehmung dieser Marken im Allgemeinen durch die Verbraucher.
Würdigung durch das Gericht:
Zunächst weist das Gericht darauf hin, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Hörmarken keine anderen sind als die für die übrigen Markenkategorien geltenden, und ein Hörzeichen über eine gewisse Resonanz verfügen muss, anhand deren der angesprochene Verbraucher es als Marke und nicht bloß als funktionalen Bestandteil oder als Indikator ohne wesenseigene Merkmale erkennen kann. Der Verbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen muss somit durch die bloße Wahrnehmung der Marke, ohne dass diese mit anderen Elementen wie insbesondere Wort- oder Bildelementen oder gar einer anderen Marke kombiniert ist, in der Lage sein, die Verbindung zu ihrer betrieblichen Herkunft herzustellen.
Soweit das EUIPO die Rechtsprechung analog angewandt hat, nach der nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht, auch Unterscheidungskraft besitzt, weist das Gericht sodann darauf hin, dass diese Rechtsprechung im Hinblick auf dreidimensionale Marken entwickelt worden ist, die aus der Form der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, obwohl es eine Norm oder Branchenüblichkeit in Bezug auf diese Form gibt. Allerdings wird in diesem Fall der betroffene Verbraucher, der gewohnt ist, eine oder mehrere Formen zu sehen, die der Norm oder der Branchenüblichkeit entsprechen, die dreidimensionale Marke nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrnehmen, wenn ihre Form mit der oder den üblichen Formen identisch oder ihr ähnlich ist.
Diese Rechtsprechung stellt keine neuen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke auf, sondern stellt lediglich klar, dass bei der Anwendung dieser Kriterien die Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers im Fall einer dreidimensionalen Marke nicht notwendig die gleiche ist wie im Fall einer Wort-, Bild- oder Hörmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild oder der Form der Waren unabhängig ist. Folglich kann diese zu dreidimensionalen Marken ergangene Rechtsprechung grundsätzlich nicht auf Hörmarken angewandt werden.
Obwohl das EUIPO diese Rechtsprechung zu Unrecht angewandt hat, stellt das Gericht jedoch fest, dass dieser Fehler nicht geeignet ist, die in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen fehlerhaft erscheinen zu lassen, da diese auch auf einen anderen Grund gestützt ist.
Zu diesem anderen Grund, der auf der Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise als funktionelles Element der in Rede stehenden Waren beruht, führt das Gericht zum einen aus, dass der Klang, der beim Öffnen einer Dose entsteht, in Anbetracht der Art der Waren tatsächlich als ein rein technisches und funktionelles Element angesehen werden wird. Das Öffnen einer Dose oder Flasche ist nämlich einer technischen Lösung im Rahmen des Umgangs mit Getränken zum Zwecke ihres Verzehrs inhärent, so dass dieser Klang nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren wahrgenommen werden wird.
Zum anderen verbinden die maßgeblichen Verkehrskreise den Klang des Prickelns von Perlen unmittelbar mit Getränken. Ferner weisen die Klangelemente und die etwa eine Sekunde dauernde Geräuschlosigkeit in ihrer Gesamtheit betrachtet kein wesentliches Merkmal auf, das ermöglicht, von diesen Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren wahrgenommen zu werden. Diese Elemente sind nicht prägnant genug, um sich von vergleichbaren Klängen auf dem Gebiet der Getränke zu unterscheiden.
Folglich bestätigt das Gericht das Ergebnis des EUIPO in Bezug auf die fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. Schließlich weist das Gericht die Feststellung des EUIPO zurück, dass es auf den Märkten der Getränke und Getränkeverpackungen unüblich sei, ausschließlich mit Hilfe von Klängen den kommerziellen Ursprung eines Produkts zu signalisieren, da diese Waren bis zu ihrem Verzehr geräuschlos seien. Die meisten Waren sind nämlich an sich geräuschlos und erzeugen nur dann einen Klang, wenn sie konsumiert werden. Die bloße Tatsache, dass ein Klang nur beim Verzehr zu hören ist, bedeutet daher nicht, dass die Verwendung von Klängen zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft eines Produkts auf einem bestimmten Markt noch unüblich ist.
Jedoch führt ein etwaiger Fehler des EUIPO in dieser Hinsicht nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, da er keinen entscheidenden Einfluss auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung hatte.
HINWEIS: Die Unionsmarke und Gemeinschaftsgeschmacksmuster gelten in der gesamten Europäischen Union und bestehen neben den nationalen Marken und Geschmacksmustern. Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster werden beim EUIPO angemeldet. Dessen Entscheidungen können beim Gericht angefochten werden.
(PM 120/21 v. 07.07.2021)
Corona-Mittel: "Vitalpilze" und andere irreführende Werbung
(Information der Wettbewerbszentrale vom 26.05.2020) mehr
Die Wettbewerbszentrale, die gemeinnützige Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb von Unternehmen, Kammern und Verbänden der Wirtschaft, hat mit heutiger MItteilung über folgenden Zwischenstand informiert:
Wettbewerbsbeschwerden über Werbung mit Corona-Bezug sind derzeit an der Tagesordnung in der Tätigkeit der Wettbewerbszentrale:
Seit Mitte Februar 2020 hat die Wettbewerbszentrale insgesamt 159 Anfragen und Beschwerden zu unlauterem Wettbewerb im Zusammenhang mit Corona erhalten. 51 Abmahnungen wegen unlauterer Werbung im Zusammenhang mit Corona und 16 formlose Hinweise hat die Selbstkontrollinstitution zwischenzeitlich ausgesprochen, außerdem hat sie vier einstweilige Verfügungen erwirkt und eine Unterlassungsklage bei Gericht eingereicht.
Die meisten Fälle betreffen Werbemaßnahmen in den Bereichen Gesundheit und Lebensmittel, mit denen den Verbrauchern direkt oder auch subtil Schutz vor Coronaviren suggeriert wird. Sowohl nach dem allgemeinen Irreführungsverbot als auch nach spezialgesetzlichen Regelungen, z. B. im Lebensmittel- und im Heilmittelwerberecht, ist es aber unzulässig, mit Eigenschaften oder Wirkungen eines Produkts zu werben, über die es tatsächlich nicht verfügt.
So hat das Landgericht Gießen die Werbeaussage „Corona-Infektion: Wie wir uns mit Vitalpilzen schützen können!“ als unzulässig untersagt (LG Gießen, Beschluss vom 06.04.2020, Az. 8 O 16/20 – nicht rechtskräftig; F 4 0109/20).
Ein anderes Unternehmen hatte für seine Nahrungsergänzungsmittel, also Lebensmittel, mit der Abbildung eines stilisierten Menschen, der Coronaviren abwehrt, und mit der Aussage „Volle Power für Ihr Immunsystem“ geworben. Das Landgericht Essen befand, dass die verwendete Grafik fälschlicherweise einen Schutz vor Viren suggeriere und untersagte die betreffende Werbung (LG Essen, Beschluss vom 27.04.2020, Az. 43 O 39/20 – nicht rechtskräftig, F8 0034/20).
In einem dritten Fall wurde für Produkte wie Mundspüllösungen, Ohrentropfen-Gel u. ä. geworben mit Abbildung eines stilisierten Coronavirus und der Aussage „99,9% Keimreduktion aller relevanten Keime einschließlich MRSA“. Auch diese Aussage wurde gerichtlich untersagt durch das LG Düsseldorf (Beschluss vom 22.04.2020, Az. 34 O 26/20 – rechtskräftig; F 4 0130/20).
In einem Fall reichte die Wettbewerbszentrale Klage ein. Das beklagte Unternehmen hatte sich zuvor verpflichtet, es zu unterlassen, in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige für ein mit Vitamin C angereichertes Lebensmittel unter Abbildung einer Frau mit Mundschutz und verbunden mit den Aussagen „Schützen Sie Ihren Körper. JETZT!“ sowie „Vor multi-resistenten Bakterien und internationalen Viren schützt Sie ein optimales Immunsystem* - 365 Tage im Jahr.“ zu werben. Durch das plakative Bild der Frau mit Atemmaske sollte nach Auffassung der Wettbewerbszentrale gezielt die Aufmerksamkeit der Verbraucher erreicht und suggeriert werden, mit der Einnahme des Produktes könne eine Infektion mit „internationalen“ Viren, eben auch dem Corona-Virus, verhindert werden. Krankheitsbezogene Aussagen sind in der Werbung für Lebensmittel jedoch verboten. Wegen der Folgeanzeige, die zwar geändert worden war, aber nach Auffassung der Wettbewerbszentrale gleichwohl einen Schutz vor Coronaviren suggerierte, reichte die Zentrale Ende April 2020 beim Landgericht München I Klage ein (Az. 17 HK O 5079/20; F 8 0014/20).
In Coronazeiten werben einige Unternehmen mit Spenden- und Unterstützungsaktionen, etwa in Form von Geschenken und „Umsonst“-Angeboten. Speziell im Gesundheitsbereich hat der Gesetzgeber aber zum Schutz vor einer zu starken Kommerzialisierung gesundheitlicher Leistungen Geschenke, Rabatte und sonstige Zuwendungen an Verbraucher verboten (§ 7 Heilmittelwerbegesetz - HWG). Diese strikte Regelung gilt auch in coronabedingten Krisenzeiten, was einige Anbieter nicht beachtet haben.
So musste die Wettbewerbszentrale eine weitere einstweilige Verfügung beantragen wegen der Werbung eines Optikers, der unter Hinweis auf den Verzicht vieler Verbraucher in der Coronakrise u. a. ankündigte „Brillengläser geschenkt für alle!“ (LG Flensburg, Beschluss vom 13.05.2020, Az. 6 HK O 20/20 – nicht rechtskräftig; HH 3 0075/20). Das Gericht hat die Ansicht der Wettbewerbszentrale bestätigt, dass die Werbeaktion gegen das Zuwendungsverbot des § 7 HWG verstößt. Aufgrund der Werbung gehe der Kunde – so das Gericht - auch nicht davon aus, dass hier nur ein vergünstigtes Komplettangebot vorliege. Nach dem Heilmittelwerbegesetz sind Zuwendungen im Gesundheitsbereich grundsätzlich nicht erlaubt, damit der Verbraucher sich bei seiner die Gesundheit betreffenden Entscheidung nicht von sachfremden Zuwendungen oder Geschenken leiten lässt. Was der Kunde außerdem erst telefonisch erfuhr, war die Tatsache, dass die Abgabe der „kostenlosen Brillengläser“ an den Kauf einer Brillenfassung geknüpft war, beim Mitbringen einer kundeneigenen Fassung eine „Einschleifgebühr“ in Höhe von 25 Euro berechnet wurde oder die Gläser nur gegen eine „Bearbeitungsgebühr“ versandt wurden. Das hielt das Gericht für irreführend.
(PM Wettbewerbszentrale v. 26.05.2020)
03.10.2019
(EuGH, Urteil vom 03.10.2019 - C-18/18 G.-P. ./. Facebook Ireland Limited) mehr
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 03.10.2019 (C-18/18) folgendes entschieden:
Das Unionsrecht verwehrt es nicht, dass einem Hosting-Anbieter wie Facebook aufgegeben wird, mit einem zuvor für rechtswidrig erklärten Kommentar wortgleiche und unter bestimmten Umständen auch sinngleiche Kommentare zu entfernen.
Das Unionsrecht verwehrt es auch nicht, dass eine solche Verfügung im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts, dessen Berücksichtigung Sache der Mitgliedstaaten ist, weltweit Wirkungen erzeugt.
Frau G.-P., die Abgeordnete zum Nationalrat (Österreich), Klubobfrau der „Grünen“ im Parlament und Bundessprecherin dieser politischen Partei war, verklagte Facebook Irland vor den österreichischen Gerichten. Sie beantragt, dass Facebook aufgetragen wird, einen von einem Nutzer dieses sozialen Netzwerks veröffentlichten Kommentar, der sie in ihrer Ehre beleidigt, sowie wort- und/oder sinngleiche Behauptungen zu löschen.
Der in Rede stehende Nutzer von Facebook hatte auf seiner Profilseite einen Artikel des österreichischen Online-Nachrichtenmagazins oe24.at mit dem Titel „Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“ geteilt, was auf dieser Seite eine „Thumbnail-Vorschau“ von der ursprünglichen Website generierte, die den Titel dieses Artikels, eine kurze Zusammenfassung davon sowie ein Foto von Frau G.-P. enthielt. Der Nutzer postete außerdem einen Kommentar zu diesem Artikel, der nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts geeignet ist, Frau G.-P. in ihrer Ehre zu beleidigen, sie zu beschimpfen und zu diffamieren. Dieser Beitrag konnte von jedem Nutzer von Facebook Service abgerufen werden.
Vor diesem Hintergrund ersucht der Oberste Gerichtshof (Österreich) den Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr.
Nach dieser Richtlinie ist ein Hosting-Anbieter wie Facebook zwar nicht für eine gespeicherte Information verantwortlich, wenn er keine Kenntnis von ihrem rechtswidrigen Charakter hat oder wenn er, sobald er davon Kenntnis erlangt, unverzüglich tätig wird, um diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. Dieser Ausschluss hindert jedoch nicht daran, dass einem Hosting-Anbieter aufgegeben wird, eine Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, u. a. durch die Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen. Hingegen ist es nach der Richtlinie verboten, einen Hosting-Anbieter zu verpflichten, allgemein die von ihm gespeicherten Informationen zu überwachen, oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.
Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof dem Obersten Gerichtshof, dass die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, die ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen soll, es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, einem Hosting-Anbieter aufzugeben,
▪ die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;
▪ die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen (so kann der Hosting-Anbieter auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung zurückgreifen);
▪ im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts, dessen Berücksichtigung Sache der Mitgliedstaaten ist, weltweit die von der Verfügung betroffenen Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.
(PM 128/2019)
01.10.2019
(EuGH, Urteil vom 01.10.2019 - C-673/17 Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. / Planet49) mehr
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 01.10.2019 (C-673/17) folgendes entschieden:
Die Speicherung und der Abruf von Cookies ("Setzen" von Cookies) erfordern die aktive Einwilligung des Internetnutzers. Ein bloß voreingestelltes Ankreuzkästchen genügt daher nicht.
Der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. wendet sich vor den deutschen Gerichten dagegen, dass die deutsche Planet49 GmbH bei Online-Gewinnspielen zu Werbezwecken ein Ankreuzkästchen mit einem voreingestellten Häkchen verwendet, mit dem Internetnutzer, die an einem solchen Gewinnspiel teilnehmen möchten, ihre Einwilligung in das Speichern von Cookies erklären. Die Cookies dienen zur Sammlung von Informationen zu Werbezwecken für Produkte der Partner der Planet49 GmbH. Cookies sind Textdateien, die der Anbieter einer Website auf dem Computer des Nutzers der Website speichert und bei ihrem erneuten Aufruf durch den Nutzer wieder abrufen kann, um die Navigation im Internet oder Transaktionen zu erleichtern oder Informationen über das Nutzerverhalten zu erlangen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) ersuchte den Gerichtshof im Wege des so genannten Vorabentscheidungsersuchens um die Auslegung des Unionsrechts über den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation.
Mit seinem heutigen Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass die für die Speicherung und den Abruf von Cookies auf dem Gerät des Besuchers einer Website erforderliche Einwilligung durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen, das der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss, nicht wirksam erteilt wird.
Es macht insoweit keinen Unterschied, ob es sich bei den im Gerät des Nutzers gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handelt oder nicht. Das Unionsrecht soll den Nutzer nämlich vor jedem Eingriff in seine Privatsphäre schützen, insbesondere gegen die Gefahr, dass „Hidden Identifiers“ oder ähnliche Instrumente in sein Gerät eindringen.
Der Gerichtshof stellt klar, dass die Einwilligung für den konkreten Fall erteilt werden muss. Die Betätigung der Schaltfläche für die Teilnahme am Gewinnspiel stellt deshalb noch keine wirksame Einwilligung des Nutzers in die Speicherung von Cookies dar.
Der Gerichtshof stellt ferner klar, dass der Diensteanbieter gegenüber dem Nutzer hinsichtlich der Cookies u. a. Angaben zur Funktionsdauer und zur Zugriffsmöglichkeit Dritter machen muss.
HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
29.07.2019
(BGH, Urteil vom 25.07.2019 - I ZR 29/18) mehr
Der Bundesgerichtshiof hat mit heute veröffentlichtem Urteil vom 25.07.2019 (I ZR 29/18) folgendes entschieden:
Ein Markeninhaber kann sich der Verwendung seiner Marke in einer Anzeige nach einer Google-Suche widersetzen, wenn die Anzeige aufgrund der konkreten Gestaltung irreführend ist und Kundinnen und Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist Herstellerin wasserdichter Taschen und Transportbehälter, die sie unter der Bezeichnung Ortlieb vermarktet. Sie ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an der deutschen Wortmarke "ORTLIEB", die u.a. Schutz für Taschen für Sport und Freizeit beansprucht.
Die Beklagten sind Gesellschaften des Amazon-Konzerns. Die Beklagte zu 1 ist für den technischen Betrieb der Internetseite www.amazon.de verantwortlich. Die Beklagte zu 2 ist Verkäuferin auf dieser Internetseite und tritt unter dem Verkäufernamen "Amazon" auf.
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass bei Eingabe der Suchbegriffe "Ortlieb Fahrradtasche", "Ortlieb Gepäcktasche" und "Ortlieb Outlet" in die Google-Suchfunktion von den Beklagten gebuchte Anzeigen erschienen, die die Wörter "Ortlieb Fahrradtasche", "Ortlieb Fahrradtasche Zubehör", "Lenkertasche Fahrrad Ortlieb" und "Ortlieb Gepäcktaschen" enthielten und mit Angebotslisten auf www.amazon.de verlinkt waren, die neben Ortlieb-Produkten auch Produkte anderer Hersteller zeigten. Die Klägerin bietet ihre Produkte nicht über die Plattform "amazon.de" an. Sie sieht in den mit gemischten Angebotslisten verlinkten Anzeigen eine Verletzung des Rechts an der Marke "ORTLIEB" und nimmt die Beklagten auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist überwiegend erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagten gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG ein Unterlassungsanspruch zu. Die Beklagte zu 1 habe das Zeichen "ORTLIEB" benutzt. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke werde durch die Präsentation von Produkten anderer Hersteller als "Treffer" zu den erwarteten Angeboten von Ortlieb-Produkten beeinträchtigt. Erschöpfung gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG sei nur eingetreten, soweit die Anzeigen sich auf Ortlieb-Produkte bezögen. Die Beklagte zu 2 hafte gemäß § 14 Abs. 7 MarkenG für die von der Beklagten zu 1 begangene Markenrechtsverletzung.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Klägerin den Beklagten die Verwendung der Marke "ORTLIEB" in den beanstandeten Anzeigen untersagen kann, weil die konkrete Nutzung irreführend ist.
Grundsätzlich steht allerdings der Umstand, dass ein Händler neben Produkten des Markenherstellers auch Konkurrenzprodukte anbietet, einer Verwendung der Marke in der Werbung für dieses Produktsortiment nicht entgegen, sofern die berechtigten Interessen des Markeninhabers gewahrt bleiben. Wird eine Marke in Anzeigen nach einer Google-Suche aufgrund der konkreten Gestaltung der Anzeige aber irreführend verwendet, so dass Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden, kann sich der Markeninhaber dieser Verwendung der Marke widersetzen.
So lag der Fall in dem vom Bundesgerichtshof jetzt entschiedenen Verfahren: Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden waren, erwartet der Verkehr, dass ihm beim Anklicken der streitgegenständlichen Anzeigen Angebote der dort beworbenen Produkte - unter anderem Fahrradtaschen, Lenkertaschen und Gepäcktaschen - von Ortlieb gezeigt werden. Die Gestaltung der Anzeigen gibt dem Verkehr keinerlei Veranlassung anzunehmen, ihm werde eine Angebotsübersicht präsentiert, in der ohne gesonderte Kenntlichmachung neben Ortlieb-Produkten gleichrangig Angebote anderer Hersteller enthalten sind. Die verkürzten Adressen der Internetseiten unter dem Text der Anzeigen - z.B. www.amazon.de/ortlieb+fahrradtasche - suggeriert vielmehr, dass dieser Link zu einer Zusammenstellung von Angeboten auf der Webseite www.amazon.de führt, die die genannten Kriterien erfüllen, mithin (allein) zu Produkten der Marke Ortlieb. Da Kundinnen und Kunden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit spezifisch zur Anzeige passenden Angeboten rechnen, tatsächlich aber zu Angebotslisten geführt werden, die auch Fremdprodukte enthalten, wird die Klagemarke in den streitigen Anzeigen irreführend verwendet. Dieser Verwendung der Marke kann sich die Klägerin widersetzen.
Die Beklagte zu 2 haftet gemäß § 14 Abs. 7 MarkenG für die von der Beklagten zu 1 begangene Markenrechtsverletzung, soweit sie auf den mit den irreführenden Anzeigen verlinkten Internetseiten selbst Fremdprodukte anbietet.
(PM BGH 104/19)
07.03.2019
Werbung für Sportbekleidung als "olympiaverdächtig" nicht wettbewerbswidrig - unlautere Ausnutzung erfordert enge Bezugnahme zu den Olympischen Spielen und Ausnutzung deren Wertschätzung
(BGH, Urteil vom 07.03.2019 - I ZR 225/17)
mehr
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 07.03.2019 (I ZR 225/17) folgendes entschieden:
Die Verwendung der Bezeichnungen "olympiaverdächtig" und "olympiareif" im geschäftlichen Verkehr für die Bewerbung von Sporttextilien verstößt als solche nicht gegen das Olympia-Schutzgesetz.
Der Kläger ist der Deutsche Olympische Sportbund. Die Beklagte betreibt einen Textilgroßhandel. Während der olympischen Spiele 2016 warb sie auf ihrer Internetseite für Sportbekleidung mit den Aussagen "olympiaverdächtig" und "olympiareif".
Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das Olympia-Schutzgesetz, das die olympischen Bezeichnungen (§ 1 Abs. 1 und 3 OlympSchG) gegen bestimmte Verwendungen durch Dritte schützt. Nach Abmahnung durch den Kläger gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, die der Kläger annahm. Mit der vorliegenden Klage verlangt er von der Beklagten die Erstattung der Abmahnkosten.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage.
Der Bundesgerichtshof hat die dagegen gerichtete Revision des Klägers zurückgewiesen und die Abweisung der Zahlungsklage bestätigt.
Die Abmahnung des Klägers war unberechtigt, da die Voraussetzungen eines Ausnutzens der Wertschätzung der olympischen Bezeichnungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 in Verbindung mit Satz 2 OlympSchG nicht vorlagen. Eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung der Olympischen Spiele liegt nicht schon in jeder Verwendung, die eine Optimierung der kommerziellen Verwertung der olympischen Bezeichnungen durch die Schutzrechtsinhaber beeinträchtigen kann. Die Grenze zur unlauteren Ausnutzung wird allerdings überschritten, wenn durch eine enge Bezugnahme auf die Olympischen Spielen deren Wertschätzung für die Bewerbung von Produkten und ihren Eigenschaften in einer Weise ausgenutzt wird, wie sie nur einem offiziellen Sponsor zusteht oder etwa einem Sportartikelhersteller, der zwar nicht Sponsor ist, dessen Produkte jedoch von Athleten bei den Olympischen Spielen verwendet werden. Ein solcher enger Bezug zu den Olympischen Spielen kann etwa dann vorliegen, wenn für Produkte, die eine sachliche Nähe zu den Olympischen Spielen oder der Olympischen Bewegung aufweisen, nicht nur mit Bezeichnungen geworben wird, die den olympischen Bezeichnungen ähnlich sind, sondern darüber hinaus ausdrücklich in Wort oder Bild auf die Olympischen Spiele oder die Olympische Bewegung hingewiesen wird.
Zwar hat die Beklagte mit der angegriffenen Werbung Sporttextilien beworben und damit Produkte, die eine sachliche Nähe zu den Olympischen Spielen aufweisen. Ein enger Bezug zu den Olympischen Spielen wird aber nicht allein dadurch hergestellt, dass Wörter wie "olympiareif" und "olympiaverdächtig" produktbezogen als Synonym für eine außergewöhnlich gute Leistung benutzt werden. Für dieses Ergebnis spricht auch § 4 Nr. 2 OlympSchG, der - unter dem Vorbehalt fehlender Unlauterkeit - ausdrücklich eine Benutzung der olympischen Bezeichnungen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren, Dienstleistungen oder Personen erlaubt. Eine für ein unlauteres Ausnutzen der Wertschätzung ausreichende bildliche Bezugnahme auf die Olympischen Spiele fehlt ebenfalls. Die in der angegriffenen Werbung abgebildete Medaille in der Hand eines Sportlers ist nicht per se ein olympisches Motiv. Diese Darstellung fällt daher nicht in den Schutzbereich des Olympia-Schutzgesetzes.
06.02.2019
Werbung für Plüsch-Teddybär - wesentliches Merkmal: "süß" - keine Irreführung bei Größenangabe nach Diagonale statt nach Stehhöhe
(OLG Köln, Urteil vom 06.02.2019 - 6 U 141/18)
mehr
Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 06.02.2019 (6 U 141/18) folgendes entschieden:
Verbraucher können auch bei nur geringer Aufmerksamkeit erkennen, dass die Diagonale eines Plüschtieres größer ist als seine Stehhöhe. Dies hat der für Wettbewerbsrecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln einem aktuellen Urteil zu Grunde gelegt.
In dem Rechtsstreit hatten sich zwei Importeure von Plüschtieren darüber gestritten, ob die Verbraucher durch die Werbung des beklagten Unternehmens in die Irre geführt werden. Dieses hatte bei den gängigen Online-Verkaufsportalen die Höhe der bis zu 160 cm großen Teddybären gemessen vom linken Ohr bis zum rechten Fuß angegeben. Diese Diagonale war auch auf den Verkaufsbildern eingezeichnet. Das klagende Unternehmen hielt dies für eine Irreführung der Verbraucher. Die tatsächliche Stehhöhe der Tiere, gemessen vom Scheitel bis zur Sohle, sei nämlich rund 15% kleiner als die angegebenen Maße. Verbraucher würden sich keine Gedanken darüber machen, dass die diagonale Messung ein größeres Längenmaß ergebe als eine Messung vom Scheitel bis zur Sohle. Die Beklagte hielt dagegen, dass die Diagonale auf den Bildern korrekt eingezeichnet sei. Den Verbrauchern sei bekannt, dass eine Diagonale länger sei als die bloße Höhe. Dies ergebe sich bereits aus der Werbung für TV-Geräte, bei denen stets die Diagonale angegeben werde.
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts folgte der Argumentation der Beklagten und wies - anders als noch das Landgericht - die Klage ab. Der Senat führte aus, dass aufgrund der eingezeichneten Diagonale für die Verbraucher auch bei nur geringer Aufmerksamkeit klar sei, dass sich die angegebene Länge auf die Diagonale und nicht auf die Höhe des Plüschtieres beziehe. Anders als die Klägerin ging der Senat davon aus, dass den durchschnittlichen, auch flüchtigen Verbrauchern das Verhältnis einer Diagonalen zur Höhe bewusst sei. Die Erkenntnis, dass die Diagonale länger sei als die Höhe, ergebe sich schon aus mathematischen Grundkenntnissen. Auf den Werbebildern sei die eingezeichnete Diagonale auch erkennbar länger als die Höhe. Schließlich sei die Größe eines Plüschtieres nur eines von mehreren Kriterien, das bei dem Kauf eine Rolle spiele.
Für die Kaufentscheidung sei zumeist viel wichtiger, ob das Plüschtier "süß" aussehe.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutug hat noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nötig ist.
19.04.2018
(BGH, Urteil vom 19.04.2018 – I ZR 154/16) mehr
Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 19.04.2018 (I ZR 154/16) folgendes entschieden:
Das Angebot des Werbeblockerprogramms AdBlock Plus verstößt nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Die Klägerin, ein Verlag, stellt ihre redaktionellen Inhalte auch auf ihren Internetseiten zur Verfügung. Dieses Angebot finanziert sie durch Werbung, also mit dem Entgelt, das sie von anderen Unternehmen für die Veröffentlichung von Werbung auf diesen Internetseiten erhält.
Die Beklagte vertreibt das Computerprogramm AdBlock Plus, mit dem Werbung auf Internetseiten unterdrückt werden kann. Werbung, die von den Filterregeln erfasst wird, die in einer sogenannten Blacklist enthalten sind, wird automatisch blockiert. Die Beklagte bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser Blockade durch Aufnahme in eine sogenannte Whitelist ausnehmen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Werbung die von der Beklagten gestellten Anforderungen an eine "akzeptable Werbung" erfüllt und die Unternehmen die Beklagte am Umsatz beteiligen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen verlangt die Beklagte für die Ausnahme von der automatischen Blockade nach eigenen Angaben keine Umsatzbeteiligung.
Die Klägerin hält den Vertrieb des Werbeblockers durch die Beklagte für wettbewerbswidrig. Sie hat beantragt, die Beklagte und ihre Geschäftsführer zu verurteilen, es zu unterlassen, ein Computerprogramm anzubieten, das Werbeinhalte auf näher bezeichneten Webseiten unterdrückt. Hilfsweise hat sie das Verbot beantragt, ein solches Computerprogramm anzubieten, wenn und soweit Werbung nur nach von der Beklagten vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts der Klägerin nicht unterdrückt wird.
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten die Klage abgewiesen. Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Beklagte verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Beklagten setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten der Klägerin voraus.
Die Beklagte wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen ein. Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Klägerin ist nicht unlauter. Das Programm unterläuft keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots der Klägerin. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung der Klägerin vorliegt. Der Klägerin ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem sie die ihr möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.
Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird.
Das Angebot des Werbeblockers stellt auch - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - keine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der Klägerin interessiert sind. Es fehlt an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer, weil die Beklagte eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers etwaig zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
14.06.2017
Werbung mit Bezeichnung „Milch“, „Rahm“, „Butter“, „Käse“ oder „Joghurt“ für rein pflanzliche Produkte nicht zulässig - Ausnahmen nur in bestimmten Fällen - Verwechslungsgefahr trotz klarstellender oder beschreibender Zusätze
(EuGH, Urteil vom 14.06.2017 - C-422/16 Verband Sozialer Wettbewerb e.V. / TofuTown.com GmbH)
mehr
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 14.06.2017 (C-422/16 Verband Sozialer Wettbewerb e.V. / TofuTown.com GmbH) folgendes entschieden:
Rein pflanzliche Produkte dürfen grundsätzlich nicht unter Bezeichnungen wie „Milch“, „Rahm“, „Butter“, „Käse“ oder „Joghurt“ vermarktet werden, die das Unionsrecht Produkten tierischen Ursprungs vorbehält. Dies gilt auch, wenn diese Bezeichnungen durch klarstellende oder beschreibende Zusätze ergänzt werden, die auf den pflanzlichen Ursprung des betreffenden Produkts hinweisen. Es gibt jedoch ein Verzeichnis mit Ausnahmen.
Das deutsche Unternehmen TofuTown erzeugt und vertreibt vegetarische und vegane Lebensmittel. Insbesondere bewirbt und vertreibt es rein pflanzliche Produkte unter den Bezeichnungen „Soyatoo Tofubutter“, „Pflanzenkäse“, „Veggie-Cheese“, „Cream“ und unter anderen ähnlichen Bezeichnungen. Der Verband Sozialer Wettbewerb, ein deutscher Verein, zu dessen Aufgaben u. a. die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gehört, sieht in dieser Art der Absatzförderung einen Verstoß gegen die Unionsvorschriften über die Bezeichnungen von Milch und Milcherzeugnissen (vgl. Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 671). Er hat daher TofuTown vor dem Landgericht Trier auf Unterlassung verklagt.
TofuTown ist dagegen der Auffassung, dass seine Werbung nicht gegen die in Rede stehenden Vorschriften verstoße. Das Verbraucherverständnis in Bezug auf diese Bezeichnungen habe sich in den letzten Jahren massiv verändert. Außerdem verwende das Unternehmen Bezeichnungen wie „Butter“ oder „Cream“ nicht isoliert, sondern nur in Verbindung mit Begriffen, die einen Hinweis auf den pflanzlichen Ursprung der in Rede stehenden Produkte enthielten, etwa „Tofu-Butter“ oder „Rice Spray Cream“.
Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht den Gerichtshof ersucht, die in Rede stehenden Unionsvorschriften auszulegen.
In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass in Bezug auf die Vermarktung und die Werbung nach den betreffenden Vorschriften die Bezeichnung „Milch“ grundsätzlich allein Milch tierischen Ursprungs vorbehalten ist. Außerdem sind nach diesen Vorschriften – von ausdrücklichen Ausnahmen abgesehen – Bezeichnungen wie „Rahm“, „Sahne“ (d. h. Schlagrahm oder Schlagsahne), „Butter“, „Käse“ und „Joghurt“ ausschließlich Milcherzeugnissen, d. h. aus Milch gewonnenen Erzeugnissen, vorbehalten.
Der Gerichtshof schließt daraus, dass die vorgenannten Bezeichnungen nicht rechtmäßig verwendet werden können, um ein rein pflanzliches Produkt zu bezeichnen, es sei denn, es ist in dem die Ausnahmen enthaltenden Verzeichnis aufgeführt, was weder bei Soja noch bei Tofu der Fall ist. Eine Ausnahme gilt etwa für das in französischer Sprache traditionell „crème de riz“ genannte Produkt. Auch darf bei der Bezeichnung eines Erzeugnisses unter bestimmten Voraussetzungen der englische Begriff „cream“ mit einem ergänzenden Zusatz verwendet werden, etwa zur Bezeichnung von alkoholischen Getränken oder von Suppen. Das Verzeichnis der Ausnahmen findet sich im Beschluss 2010/791/EU der Kommission vom 20. Dezember 2010 zur Festlegung des Verzeichnisses der Erzeugnisse gemäß Anhang XII Abschnitt III Nummer 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. 2010, L 336, S. 55).
Die Verwendung klarstellender oder beschreibender Zusätze, wie die von TofuTown verwendeten, die auf den pflanzlichen Ursprung des betreffenden Produkts hinweisen, hat keine Auswirkungen auf dieses Verbot.
Diese Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften verstößt weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. In Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weist der Gerichtshof u. a. darauf hin, dass durch klarstellende oder beschreibende Zusätze eine Verwechslungsgefahr in der Vorstellung des Verbrauchers nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Zum Grundsatz der Gleichbehandlung stellt der Gerichtshof fest, dass TofuTown sich nicht auf eine Ungleichbehandlung berufen und geltend machen kann, dass die Erzeuger vegetarischer oder veganer Fleisch- oder Fisch-Alternativprodukte in Bezug auf die Verwendung von Verkaufsbezeichnungen keinen Beschränkungen unterliegen, die denen vergleichbar wären, die von den Erzeugern vegetarischer oder veganer Alternativprodukte für Milch oder Milcherzeugnisse zu beachten sind. Denn es handelt sich dabei um ungleiche Erzeugnisse, die verschiedenen Vorschriften unterliegen.
27.04.2017
(BGH, Urteil vom 27.04.2017 - I ZR 55/16) mehr
Der Bundesgerichtshofs hat sich mit der Frage befasst, welche Informationspflichten dem Betreiber eines im Internet angebotenen Preisvergleichsportals obliegen und hierzu mit Urteil vom 27.04.2017 - I ZR 55/16 - folgendes entschieden:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolgt. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, betreibt im Internet ein Preisvergleichsportal für Bestattungsleistungen.
Auf dem Vergleichsportal der Beklagten zu 1 wird ein Interessent zunächst aufgefordert, die gewünschten Leistungen einzugeben. Danach werden verbindliche Angebote verschiedener Bestatter angezeigt, aus denen der Interessent drei Angebote auswählen kann. Die Beklagte zu 1 berücksichtigt bei ihrem Preisvergleich nur Anbieter, die mit ihr für den Fall eines Vertragsabschlusses eine Provision von 15% oder 17,5% des Angebotspreises vereinbaren. Die Nutzer des Portals werden auf die Provisionsvereinbarung nicht hingewiesen. Sie lässt sich lediglich einem Hinweis im Geschäftskundenbereich der Internetseite entnehmen.
Der Kläger hält den fehlenden Hinweis auf die Provisionspflicht der im Preisvergleich berücksichtigten Anbieter für einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG*. Er hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, Bestattungsleistungen im Internet anzubieten, ohne den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 1 im Falle eines Vertragsschlusses zwischen dem Nutzer und dem über den Preisvergleich vermittelten Bestattungsunternehmen eine Provisionszahlung des Bestattungsunternehmens erhält.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Klägerin das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt und dies wie folgt begründet:
Die Information darüber, dass in einem Preisvergleichsportal nur Anbieter berücksichtigt werden, die sich für den Fall des Vertragsschlusses mit dem Nutzer zur Zahlung einer Provision an den Portalbetreiber verpflichtet haben, ist eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Eine Information ist wesentlich, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt. Der Verbraucher nutzt Preisvergleichsportale, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das Produkt fordert. Dabei geht der Verbraucher, sofern keine entsprechenden Hinweise erfolgen, nicht davon aus, dass in den Vergleich nur solche Anbieter einbezogen werden, die dem Betreiber des Portals im Falle des Vertragsabschlusses mit dem Nutzer eine Provision zahlen. Diese Information ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie nicht seiner Erwartung entspricht, der Preisvergleich umfasse weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber dem Betreiber provisionspflichtige Auswahl von Anbietern. Maßgebliche Interessen des Betreibers stehen der Information darüber, dass die gelisteten Anbieter dem Grund nach provisionspflichtig sind, nicht entgegen. Die Information muss so erteilt werden, dass der Verbraucher sie zur Kenntnis nehmen kann. Ein Hinweis auf der Geschäftskundenseite des Internetportals reicht hierfür nicht aus.
12.11.2014
(BGH, Urteil vom 12.11.2014 - XIII ZR 42/14) mehr
Der Bundesgerichtshof hat sich am 12.11.2014 in einer Entscheidung mit der Frage der Wirksamkeit eines im Wege einer Internetauktion abgeschlossenen Kaufvertrags befasst, bei dem ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Kaufsache besteht. Der Bundesgerichtshof bestätigt, dass der Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden zustande kommt und extrem günstige Preise nicht wegen Sittenwidrigkeit zur Unwirksamkeit führen.
Der Beklagte bot seinen Gebrauchtwagen bei eBay zum Kauf an und setzte ein Mindestgebot von 1 € fest. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion 1 € für den Pkw und setzte dabei eine Preisobergrenze von 555,55 €. Einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Per E-Mail teilte er dem Kläger, der mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender war, mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der bereit sei, 4.200 € zu zahlen. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht wirksam zu einem Kaufpreis von 1 € geschlossenen Kaufvertrags und macht geltend, der Pkw habe einen Wert von 5.250 €. Das Landgericht hat der auf Schadensersatz in Höhe von 5.249 € gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kaufvertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB*) nichtig ist. Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Besondere Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen halten könne, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass das Fahrzeug letztlich zu einem Preis von 1 € verkauft worden ist, beruht auf den freien Entscheidungen des Beklagten, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen ist und durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt hat, dass sich das Risiko verwirklicht.
Quelle: Pressestelle des BGH
16.6.2015
Form der Lego-Figuren bleibt Gemeinschaftsmarke - "menschliche Züge" zur spielerischen Verwendung
(EuG, Urteil vom 16.06.2015 - T-395/14)
mehr
Das EuG hat die Eintragung der Form der Lego-Figuren als Gemeinschaftsmarke bestätigt. Es handelt sich demnach nicht um Zeichen, die ausschließlich aus der Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist
Der Sachverhalt:
Im Jahr 2000 ließ der Spielzeughersteller Lego beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) eine dreidimensionale Gemeinschaftsmarken u. a. für Spiele und Spielzeuge eintragen. Dabei handelt es sich um kleine Lego-Figuren mit drehbarem Kopf sowie beweglichen Beinen und Armen mit Händen, die an einigen Stellen mit anderen Lego-Produkten zusammengeklippt werden können.
Best Lock, eine konkurrierende Gesellschaft, die ähnliche Figuren verwendet, beantragte die Nichtigerklärung dieser Marken, da die Form der Ware durch ihre Art selbst - nämlich ihre Eigenschaft, zu Spielzwecken mit anderen ineinander steckbaren Bausteinen zusammengesetzt werden zu können - bedingt sei. Die in Rede stehenden Spielfiguren entsprächen zudem sowohl als Ganzes als auch in ihren Details technischen Lösungen - nämlich der Verbindung mit anderen Bausteinen. Das HABM wies die Nichtigkeitsanträge von Best Lock zurück.
Das EuG wies die gegen die Entscheidungen des HABM gerichteten Klagen ab. Gegen die Entscheidungen kann innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.
Die Gründe:
Das HABM hat die beantragte Nichtigerklärung der Marken zu Recht abgelehnt.
Nach der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke können Zeichen, die ausschließlich aus der Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden. Die dementsprechende Rüge, die Form der Lego-Figuren sei durch ihre Art selbst bedingt, ist unzulässig. Best Lock hat insoweit kein Argument zur Stützung dieses Vorbringens angeführt und nicht dargetan, dass die Erwägungen des HABM hierzu fehlerhaft sind.
Hinsichtlich der Rüge, die Form der Ware sei zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich, ist festzustellen, dass offensichtlich keine technische Wirkung mit der Form der charakteristischen Bestandteile der Figuren (Kopf, Körper, Arm und Bein) verbunden ist oder sich daraus ergibt, da diese Bestandteile jedenfalls keine Verbindung mit ineinander steckbaren Bausteinen ermöglichen. Darüber hinaus lässt sich allein aus der grafischen Darstellung der Vertiefungen unter den Füßen, der Hinterseite der Beine, der Hände und des Kontakts auf dem Kopf nicht ableiten, ob diese Bestandteile eine technische Funktion (wie die Möglichkeit, mit anderen Bestandteilen zusammengesetzt zu werden) haben, bzw. worin diese bestünde.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Form der in Rede stehenden Figuren als solche und insgesamt erforderlich ist, um das Zusammensetzen mit ineinander steckbaren Bausteinen zu ermöglichen: Die "Wirkung" dieser Form besteht nämlich lediglich darin, menschliche Züge zu verleihen; dass die in Rede stehende Figur eine Person darstellt und von einem Kind in einem entsprechenden spielerischen Rahmen verwendet werden kann, lässt sich nicht als "technische Wirkung" einstufen. Also sind die Formmerkmale der in Rede stehenden Figuren nicht zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich.
Quelle: EuGH PM Nr. 71 vom 16.6.2015
10.12.2015
Zweites UWG-Änderungsgesetz seit dem 10.12.2015 in KraftDas am 05.11.2015 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur zweiten Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wurde am 09.12.2015 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. 2015 Teil I Nr. 49, Seite 2158). Die neuen Regelungen treten damit am 10.12.2015 in Kraft.
Insgesamt ist damit zu rechnen, dass sich durch diese Gesetzesänderung für die unternehmerische und gerichtliche Praxis nicht viel ändert, da auch bisher die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof das UWG schon richtlinienkonform ausgelegt und den nun verstärkt in das UWG eingeflossenen Wortlaut der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken auch bisher angewendet haben.