21.12.2016
Bundesfinanzhof: Den Mitbewerber abmahnen zählt als Leistungserbringung und ist umsatzsteuerpflichtig
Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern - und nicht als nicht steuerbare Schadensersatzzahlungen - zu qualifizieren.
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Wer von einem Wettbewerber anwaltlich abgemahnt wird und bereit ist, die Abmahnkosten zu erstatten, sollte auf einer Rechnung vom Abmahner bestehen und insbesondere keine Kostennote des abmahnenden Anwalts akzeptieren.
(Bundesfinanzhof, XI-R-27/14)
Steuerrecht.
Verkäufer von Software für Kassensysteme haftet persönlich für von Kunden hinterzogene Steuern
(Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.01.2015- 5 V 2068/14)
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Das FG Rheinland-Pfalz hat in einem Beschluss vom 07.01.2015 festgestellt, dass der Geschäftsführer einer GmbH, die Kassensysteme einschließlich Manipulationssoftware hergestellt und vertrieben hat, um Kunden Steuerhinterziehung zu ermöglichen, persönlich für Steuern haftet, die ein Käufer eines solchen Systems hinterzogen hat.
Der Antragsteller ist Geschäftsführer einer GmbH, die Kassensysteme herstellt und vertreibt. Der Inhaber eines Eiscafés (A) erwarb ein Kassensystem einschließlich einer Software zur Manipulation der im Kassensystem erfassten Daten. Bei einer Steuerfahndungsprüfung wurden Manipulationen an den im Kassensystem erfassten Daten festgestellt, die zu einer Verurteilung von A führten. Gegen den Antragsteller wurde ein Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet und ein Haftungsbescheid hinsichtlich der Steuerrückstände des A erlassen. Gegen diesen Bescheid klagte er schließlich und beantragte vorläufigen Rechtsschutz.
Das FG hat den Eilantrag abgelehnt, da an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids keine ernstlichen Zweifel bestünden. Auf Grund des Geständnisses und der Verurteilung des A sei das Finanzamt zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller Beihilfe geleistet und damit i.S.v. § 71 AO an A´s Tat teilgenommen hat.
Er habe das mit der Manipulationssoftware verbundene Kassensystem als Geschäftsführer der GmbH an A verkauft. Es sei nicht entscheidend, wann genau und durch wen die Installation und Einweisung in das Programm erfolgt seien und ob der Antragsteller selbst oder ein Dritter die Manipulationssoftware entwickelt habe. Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestehe hier darin, dass der Antragsteller ein komplettes System mit dem Wissen verkauft habe, welche Möglichkeiten dieses System biete, und mit dem Ziel, A eine Steuerverkürzung zu ermöglichen. Weiter führt das FG aus, dass es in der Regel auch ermessensgerecht sei, wenn das Finanzamt einen vorsätzlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistenden Gehilfen als Haftenden in Anspruch nehme. Dies gelte unabhängig von der Höhe der Haftungsschuld und/oder den finanziellen Möglichkeiten des Gehilfen. Denn die Haftungsnorm des § 71 AO habe Schadensersatzcharakter und solle eine Schadensersatzpflicht in Höhe der verkürzten Beträge begründen. Der Antragsteller werde hier nicht für sein Fehlverhalten als Geschäftsführer der GmbH in Anspruch genommen, sondern für die vorsätzliche Beteiligung an einer fremden Steuerhinterziehung.
Quelle: beck-online
(Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.02.2015 - XI-R-35/12)
Leitsatz:
Die reine Autorenlesung vor Publikum ist weder eine Theatervorführung noch eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung. Eine Autorenlesung vor Publikum kann jedoch theaterähnlich sein, so dass die Eintrittsberechtigungen hierfür dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
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I. Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Schriftstellerin und führte im Jahre 2008 (Streitjahr) Lesungen aus ihrem zuvor erschienenen Buch durch.
Die mit den Lesungen bewirkten Umsätze (brutto ... €) unterwarf sie in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (ebenso wie ihre Umsätze aus den Buchverkäufen) dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Aufgrund der Feststellungen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) zu der Auffassung, dass die Umsätze aus den Lesungen dem Regelsteuersatz (19 %) unterlägen, und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geändertem Bescheid vom 21. September 2010 entsprechend fest. Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2011 als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2247 veröffentlicht. Es hält die Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für gegeben. Die Lesungen der Klägerin seien einer Theatervorführung vergleichbar.
Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe das Tatbestandsmerkmal der "den Theatervorführungen ... vergleichbaren Darbietungen" entgegen dem Wortlaut und Normzweck zu weit ausgelegt. Eine Lesung könne nur dann eine einer Theatervorführung vergleichbare Darbietung darstellen, wenn sie theaterähnliche Merkmale aufweise. Allein die Einordnung einer Lesung als Kleinkunst genüge den Anforderungen des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht; eine generelle Umsatzsteuerermäßigung auf sämtliche kulturelle Leistungen jeder Form und Art werde durch diese Vorschrift nicht eröffnet. Das Buch der Klägerin habe im Wesentlichen autobiografischen Inhalt, weshalb die Klägerin bei den Lesungen von sich selbst erzähle und mit ihrer tatsächlichen Identität im Zentrum des Geschehens stehe; damit fehle es an dem für eine Theatervorführung prägenden Merkmal des Rollenwechsels bzw. Rollenspiels. Allein das Einsetzen von Stimme, Gestik und Mimik gebe den Lesungen nicht das Gepräge einer einer Theatervorführung vergleichbaren Darbietung. Die Klägerin gebe nicht den geistigen Gehalt des Werkes durch das Ausdrucksmittel von Stimme und Körpersprache wieder; es fehle am künstlerisch gesprochenen Vortrag, der als Stilmittel die Rezitation präge. Die in der Vorentscheidung angeführten Reaktionen des Publikums beruhten nicht auf einer besonderen Vortragsart der Klägerin, sondern seien auf die behandelten Themen und das im Buch verwendete Vokabular zurückzuführen. Nur wenn die Darbietung ein kulturelles Niveau aufweise, welches der Gestaltungshöhe einer Theateraufführung vergleichbar sei, sei eine Steuerermäßigung nach dem Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG gerechtfertigt. Das theaterähnliche Gepräge müsse den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen, während es der Klägerin in erster Linie darum gegangen sei, ihr Werk durch die Lesungen bekannt zu machen und zu vermarkten.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie schließt sich der Vorentscheidung an. Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG habe sie, die Klägerin, im Rahmen ihrer Lesungen als ausübende Künstlerin eine den Theatervorführungen i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG vergleichbare Darbietung erbracht. Die von ihr gehaltenen Lesungen fielen unter den Begriff der Kleinkunst.
II. Gründe
Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Die Entscheidung des FG, die Klägerin habe als ausübende Künstlerin den Theatervorführungen vergleichbare Darbietungen präsentiert, die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das FG ist (stillschweigend) zu Recht davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Umsätze steuerpflichtig sind.
Die Voraussetzungen der im Streitfall allein in Betracht kommenden nationalen Steuerbefreiungsvorschriften in § 4 Nr. 20 Buchst. a bzw. § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG sind nicht erfüllt. Denn die Klägerin verfügt nicht über eine nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG erforderliche Bescheinigung einer zuständigen Landesbehörde; sie ist auch kein Veranstalter i.S. von § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG.
Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) scheidet ebenfalls aus, weil die Klägerin keine anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist (vgl. dazu z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 18. Februar 2010 V R 28/08, BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876, Rz 25).
2. Die Würdigung des FG, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, sondern gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist frei von Rechtsfehlern.
a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer (von 19 %) auf 7 % für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
aa) Unionsrechtliche Grundlage für § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ist Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 und 9 der MwStSystRL (BTDrucks 15/3677, S. 41). Danach können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen (Nr. 7). Dasselbe gilt für Werke bzw. Darbietungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie deren Urheberrechte (Nr. 9).
bb) Zweck der Steuerermäßigung ist, zugunsten der Besucher entsprechender Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden (vgl. BFH-Urteile vom 26. April 1995 XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519; vom 9. Oktober 2003 V R 86/01, BFH/NV 2004, 984).
cc) Seit der mit Wirkung vom 16. Dezember 2004 erfolgten Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG durch Art. 5 Nr. 8 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310) kann offenbleiben, ob die Klägerin mit dem Abhalten der jeweiligen Lesung eine sonstige Leistung gegenüber einem Veranstalter oder eine sonstige Leistung als Veranstalterin gegenüber dem Publikum bewirkt hat (vgl. dazu Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- vom 23. Oktober 2003 C-109/02, Kommission/ Deutschland, Slg. 2003, I-12691, Rz 28; Klenk in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Rz 250).
b) Der BFH versteht unter Theatervorführungen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht nur Aufführungen von Theaterstücken, Opern und Operetten, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés sowie Puppenspiele und Eisrevuen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519; in BFH/NV 2004, 984, unter II.1.a; vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 33; vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BFHE 240, 380,BStBl II 2013, 352, Rz 42; s.a. Abschn. 12.5. Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses -UStAE-). Begünstigt sind auch "Mischformen" von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen, so dass eine Unterhaltungsshow in Gestalt einer Kampfkunstshow (sog. "Budo-Gala") ebenfalls eine Theatervorführung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein kann (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 984, unter II.1.a und c, m.w.N.; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 42). Das gilt auch für eine Feuerwerksveranstaltung mit Vorführung kreativer Kombinationen von Farb- und Klangelementen (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2014XI R 34/12, BFHE 245,409, BStBl II 2015, 166).
aa) Allerdings kann die Steuervergünstigung nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Vorführung zumindest entweder als "theaterähnlich" oder als "konzertähnlich" einzustufen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 50/04, BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, unter II.3.a; in BFHE 245, 409, BStBl II 2015, 166, Rz 23) und dies der Hauptbestandteil der Veranstaltung ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 43).
bb) "Theater" bezeichnet alle Formen szenischer Darstellung sowie die künstlerische Kommunikation zwischen Darstellern und Zuschauern (Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl.). Hierzu zu zählen ist als eine Form der "Kleinkunst" auch die "Rezitation", unter der der künstlerische Vortrag verstanden wird (Brockhaus, Enzyklopädie, a.a.O.). Deren Ziel ist es, literarische Werke mit Hilfe von Sprache hörbar zu machen, wobei Interpretationstechniken wie Atemtechnik, Stimmtechnik sowie Sprechtechnik von Bedeutung sind; der Vortragende transportiert mit Hilfe der Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung Emotionen und Gedanken zum Zuhörer (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 28. Mai 2009 1 K 53/08, EFG 2009, 1878, rkr.). Diesem wird der Stoff in einer Form und auf einer Ebene näher gebracht, die eine Auseinandersetzung mit ihm erlaubt, zum Nachdenken anregt und unterhält (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2008 9 B 80/07, Höchstrichterliche Finanzrechtssprechung 2009, 313, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2009, 25, Rz 7).
cc) Ebenso, wie das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert ist (BFH-Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, unter II.3.b), stellt das reine Vorlesen eines Autors aus seinem Buch vor Publikum weder eine Theatervorführung noch eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung eines ausübenden Künstlers i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dar (vgl. Abschn. 12.7. Abs. 8 Satz 2 UStAE zu § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG). Auch eine Frage- oder Autogrammstunde ist keine begünstigte Veranstaltung.
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Entscheidung des FG, wonach die Lesungen der Klägerin gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat die Klägerin ihr literarisches Werk auf andere Weise, nämlich in Form von Lesungen, dargeboten. Bei ihren Lesungen veränderte sie häufig ihre Stimme zum Ausdruck besonderer Situationen oder zur Darstellung handelnder Personen und unterstrich dies mit Mimik, Körperhaltung und Bewegung, wodurch sie beim Publikum Emotionen hervorrief. Sie unterbrach das eigentliche Lesen des Buches immer wieder für Erläuterungen, die mehr oder weniger Bezug zum Buch hatten. Stellenweise geriet die Lesung völlig in den Hintergrund; mit Zwischenbemerkungen und Erzählen von Geschichten außerhalb des Buches erreichte ihre Darbietung teilweise auch kabarettistische Züge.
b) Die Würdigung dessen durch das FG dahingehend, dass diese Darbietungen Theatervorführungen vergleichbar sind und gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO. Dass das FG die seine Würdigung tragenden tatsächlichen Feststellungen teilweise nicht im Tatbestand, sondern in den Entscheidungsgründen getroffen hat, ist unschädlich (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6. April 2000 IV R 56/99,BFH/NV 2000, 1191; in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101, unter II.4.b).
4. Die hiergegen erhobenen Einwendungen des FA greifen nicht durch.
a) Nach den Feststellungen des FG gingen die Darbietungen der Klägerin über (nicht begünstigte) reine Autorenlesungen hinaus (vgl. auch Lippross/Janzen, Umsatzsteuer 2015, S. 515). Diese Feststellungen hat das FA nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen angegriffen. Es setzt lediglich seine eigene Wertung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung des FG, weshalb sein Einwand, den Darbietungen der Klägerin fehle es an der einer Theateraufführung vergleichbaren Gestaltungshöhe, der Revision nicht zum Erfolg verhelfen kann.
b) Soweit das FA geltend macht, aufgrund des autobiografischen Inhalts des Werkes fehle es an dem für eine Theatervorführung prägenden Merkmal des Rollenwechsels bzw. Rollenspiels, ist dieses Vorbringen bereits nicht schlüssig, zumal das Buch, aus dem die Klägerin vorgelesen hat, auch als Theaterstück aufgeführt worden ist.
c) Schließlich geht der Einwand des FA, die Theatervorführung müsse den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519 und in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352), ins Leere. Das FG hat weder festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass die Klägerin neben ihren Darbietungen bei den Lesungen weitere selbständige Leistungen erbracht hätte, noch dass die Vermarktung ihres Werkes das prägende Element der Veranstaltungen gewesen sei. Ein bloßes Vermarktungsinteresse der Klägerin bzw. des Verlags spricht nicht gegen das Vorliegen einer theaterähnlichen Veranstaltung.
5. Das Ergebnis entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben.
Die Aufzählung in Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 und 9 der MwStSystRL ergibt, dass die Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. BFH-Urteil inBFH/NV 2004, 984, unter II.2.).
Zwar sind Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen, was auch für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gilt (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18. Januar 2001 C-83/99, Kommission/Spanien, Slg. 2001, I-445, UR 2001, 210, Rz 19). Die Beurteilung des FG im Streitfall, wonach die von der Klägerin gezeigten Darbietungen in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG fallen, steht aber im Einklang mit dem Wortlaut und dem Zweck der genannten Richtlinienbestimmungen.
Fundstellen:
BFH/NV-2015-1064
(BFH, Urteil vom 05.06.2014 - XI R 2/12) mehr
Der Bundesfinanzhof gibt eine typische Juristen-Antwort: Es kommt drauf an!
Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 5. Juni 2014 (XI R 2/12) entschieden, dass die Überlassung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW an einen Gesellschafter-Geschäftsführer der Umsatzsteuer (Regelsteuersatz 19 %) unterliegt. Wegen der Höhe der Bemessungsgrundlage ist danach zu unterscheiden, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzungsüberlassung und der Arbeitsleistung besteht (tauschähnlicher Umsatz) oder ob die Nutzungsüberlassung ohne eine Gegenleistung hierfür erfolgt (unentgeltliche Wertabgabe).
Der tauschähnliche Umsatz ist nach §§ 3 Abs. 12 Satz 2, 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Bei einem tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG), für die unentgeltliche Wertabgabe sind als Bemessungsgrundlage die Kosten bzw. Ausgaben anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG).
Aus Vereinfachungsgründen kann die anzusetzende Bemessungsgrundlage nach Wahl des Unternehmers aufgrund entsprechender Verwaltungsvorschriften sowohl bei einem tauschähnlichen Umsatz als auch bei einer unentgeltlichen Wertabgabe nach lohnsteuerrechtlichen bzw. ertragsteuerrechtlichen Werten geschätzt werden. Solche Vereinfachungsregelungen ergeben sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Juni 2014 (BStBl I 2014, 896, unter II.2.a --lohnsteuerrechtliche Werte-- bzw. unter I.5.a aa --sog. 1 %-Regelung abzüglich Abschlag von 20 %--), das in allen offenen Fällen anwendbar ist. Die Vereinfachungsregelung ist eine einheitliche Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann.
Die Klägerin, eine GmbH, hatte ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer, der ihr Stammkapital zu 90 v.H. hielt, im Arbeitsvertrag einen Anspruch auf ein Firmenfahrzeug eingeräumt, das er sowohl für dienstliche als auch für private Fahrten nutzen durfte. Im Anschluss an eine Außenprüfung erhöhte das Finanzamt die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in Höhe des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes für Fahrten zwischen der Wohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers und der Arbeitsstätte. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Zu Unrecht, wie der BFH nun befand, weil das FG ohne weitere Feststellungen davon ausgegangen ist, dass die Nutzungsüberlassung als Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Das FG hat nun festzustellen, ob und ggf. inwieweit die PKW-Überlassung an den Gesellschafter-Geschäftsführer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung als Geschäftsführer erfolgte und ob und ggf. inwieweit der Gesellschafter-Geschäftsführer den PKW in seiner Eigenschaft als Gesellschafter nutzte.
Quelle: Pressestelle des BFH