Familienrecht
Wie "Untreue" zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen kann
06.06.2024 | Einmaliger "Seitensprung" hat nicht zwingend den Verlust des Unterhaltsanspruchs zur Folge, wohl aber dauerhaftes Verhältnis - Umstände des Einzelfalls relevant
(Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 06.06.2024 - 2 UF 222/23)
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Das Oberlandesgericht Bamberg hat mit Beschluss vom 06.06.2024 (2 UF 222/23) Folgendes entschieden:
Ein einmaliges außereheliches Verhältnis führt nicht zwingend zum Verlust des ehelichen Unterhaltsanspruchs. Handelt es sich jedoch um eine lang andauernde Affäre, kann dies durchaus zu einem Ausschluss des Unterhalts führen.
Anmerkung d. Verf.:
In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob ein außereheliches Verhältnis automatisch zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führt. Das Oberlandesgericht Bamberg hat in einem Beschluss vom 6.6.2024 zum Az.: 2 UF 222/23 klargestellt, dass ein einmaliger Seitensprung in der Regel nicht ausreicht, um einen solchen Anspruch zu verwehren. Handelt es sich jedoch um eine lang andauernde Affäre, kann dies durchaus zu einem Ausschluss des Unterhalts führen.
Der Fall im Einzelnen:
Eine Ehefrau war nach einem vorangegangenen Auszug und einer vorläufigen Trennung auf Wunsch ihres Mannes in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt, um einen Versöhnungsversuch zu starten. Noch im selben Monat erfuhr sie von einer anderen Frau, dass ihr Mann seit rund zwei Jahren ein außereheliches Verhältnis unterhielt – und dieses auch nach der Rückkehr seiner Ehefrau nicht beendet hatte. Daraufhin trennte sich die Ehefrau endgültig von ihm.
In der folgenden Scheidungssituation erhob der Ehemann Unterhaltsansprüche gegen seine nunmehr getrennt lebende Frau. Das Gericht entschied jedoch, dass sein Anspruch „vollumfänglich verwirkt“ sei. Die Richter betonten, dass hier ein „offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig ihm zuzuschreibendes Fehlverhalten“ vorliege. Besonders ins Gewicht fiel das widersprüchliche Verhalten des Mannes, einerseits eine neue Beziehung zu führen, andererseits aber Unterhalt in Form fortdauernder ehelicher Solidarität zu fordern, die er selbst nicht einhielt.
Warum wurde der Unterhaltsanspruch ausgeschlossen?
Entscheidend für das Gericht war das grob unbillige Verhalten des Mannes, das sich insbesondere in der Fortsetzung der Affäre trotz des Versöhnungsversuchs offenbarte. Diese Fortführung stelle eine Missachtung gegenüber der Ehefrau dar und zeige, dass dem Mann die eheliche Loyalität im Vergleich zu den eigenen finanziellen Interessen weniger bedeutsam war. Eine solche Konstellation rechtfertige eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs.
Was wäre, wenn das Verhältnis erst nach der Trennung begonnen hätte?
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Bamberg hätte die Entscheidung anders ausfallen können, wenn die neue Beziehung erst nach der Trennung aufgenommen worden wäre. In einem solchen Fall gilt das Fehlverhalten im Allgemeinen nicht als so schwerwiegend, dass es eine Herabsetzung oder den Ausschluss des Unterhaltsanspruchs rechtfertigt.
Fazit:
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg verdeutlicht, dass ein ehelicher "Seitensprung" allein nicht automatisch zum Verlust des Unterhalts führt. Erst eine schwerwiegende, anhaltende außereheliche Beziehung kann – vor allem bei widersprüchlichem Verhalten gegenüber der ehelichen Solidarität – dazu führen, dass ein Unterhaltsanspruch als verwirkt angesehen wird. Für Betroffene ist es daher ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um ihre Ansprüche korrekt einzuschätzen.
(Rechtsanwalt Roger Näbig - SCHULZ KLUGE PARTNER Rechtsanwälte)